Freitag, 28. Januar 2011

frieden / mir / paz

den kopf verloren
im 3 tage grauen
bermudadreieck
dessen einzige konstante
die immer unbekannte bleibt
der verlust hält sich
in grenzen
ein paar fragen
weiter weg
kein raum für antworten
wo stille nachklingt
eine lange sekunde
frieden / mir / paz
semitäter begehen
fahrerflucht
kein kunststück
in stabiler seitenlage
schlagen sich herzen
durch

Mittwoch, 26. Januar 2011

grau

grau grüßt das herz
die welt im wandelfieber
wo wolken nichts weiter sind
als vorhänge
das licht auszusperren
ich möchte schlafen
schlafen, bis mir der kopf schrumpft
und ich nicht weiter denken kann
als bis
gestern

noch halten meine träume mich
wach

Montag, 17. Januar 2011

Frühling im Winter

[VLC, 18 Grad, Sonne]

Du – w, ledig, hofft – triffst Dich mit Deinem Kumpel auf eine Partie Billard. Und plötzlich fühlt es sich an wie ein Date… das Du gerade so richtig verbockst.


Der nette Junge aus Stuttgart also, den Du im Herbst letzten Jahres in Spanien kennengelernt hast. Ganz unbefangen. In der Frühstückspause der Sprachschule. Der einen Platz freihielt und zwei Kaffee bestellte. 15 Minuten später war der Platz noch immer frei und der 2. Kaffee bereits kalt.

„Der ist für einen Freund,“ grinste er verlegen, weil Dein Blick ihn ein bisschen aufgezogen hat.

„Deinen imaginären Freund?“ fragst Du und er lacht. Du lachst auch und findest ihn sympathisch, auch wenn er eigentlich nicht Dein Typ ist, aber das ist egal, denn Du hast derzeit keine Augen für Jungs, warum also für ihn, an dem Dir sofort 10 Dinge auffallen, die an ihm nicht stimmen. Nicht viel, nur eben so ein bisschen.

Und sicher geht es ihm mit Dir genauso, denkst Du damals wie heute. Deine Nase immer ein bisschen zu groß und Deine Haare zu wild, das Turnschuhmädchen, das zu laut lacht und zu oft flucht.

Gerade als er noch was sagen wollte jedenfalls, warst Du schon wieder auf dem Sprung. Weil Du immer auf dem Sprung bist, rastloses Wesen Du, und es gilt, jemanden zu verabschieden.

Eine Woche später ein Schulausflug mit allem, was dazu gehört: Bootsfahrt auf einem See, Pause am Meer, lange Spaziergänge durch Naturschutzgebiete… bei denen ihr zwei dem jeweils anderen nicht von der Seite weicht. Abends dann ein Tapas-Essen mit der Schule und nach der dazugehörigen Party teilt ihr Euch im Morgengrauen ein Stück der besten Pizza der Stadt.

Es ist Dein letzter Abend dort. Du hast Deine Schuhe durchgetanzt und läufst barfuß nach Hause. Er begleitet Dich, weil seine Kinderstube es gebietet, und um Dich vor Scherben zu warnen. Eine überseht ihr beide.

Ob er vor der Haustür auf mehr hofft, ist Dir egal, weil es nicht offensichtlich ist, er macht jedenfalls keine Anstalten und verabschiedet sich ganz wie ein Gentleman.

Das war vor ein paar Monaten.

Jetzt bist Du zurück und er immer noch hier.

Ihr trefft Euch auf Drinks mit seinen Freunden, die Mädels schmähen Dich ein bisschen, die Jungs wollen spielen, später stoßen Deine Freunde noch dazu und ihr zieht von einem Laden zum nächsten wie Nomaden, die Gesetze haben sich geändert, nicht nur für Raucher, Pubs schließen jetzt früher, danach die Bars, ständig wird man vertrieben, bis nur noch die Clubs offen haben, in denen Eintritt gezahlt werden muss.

Letztlich bleiben nur er und Du übrig. Ihr versteht Euch wie alte Freunde, dabei kennt ihr Euch kaum.

Trotzdem überrascht es Dich, dass Du ihn eine Minute tatsächlich vermisst, als er ein Essen absagen muss, wie Du eben Deine Freunde in der alten Heimat vermisst, die Jungs, denen Du blind vertraust und die Dich nehmen, wie Du bist, weil sie Dich lange genug kennen und Du sie.

Dein Abend allein mit den anderen, ein Label, das Du ihm im nachhinein gibst, ist nett, sogar sehr lustig zuerst, danach allerdings furchtbar öde, als auf der Party nach dem Essen das übliche „Jeder-mit-Jedem“-Spiel beginnt, Du nur Beobachterin, die einzig Nüchterne auf dem Dancefloor. Und die einzige, die nicht wie wild flirtet und fummelt.

Du gehst nach Hause. Schläfst. Wachst auf und sagst alle Verabredungen ab, die Deine Grenzen an Freundlichkeit überschreiten würden, lässt nur den Jungen aus Stuttgart wissen, dass er sich melden kann, wenn er eine Pause von den Prüfungsvorbereitungen braucht.

Tatsächlich meldet er sich. Und ihr trefft Euch. Auf eine Runde Billard. Statt Musik läuft eine afrikanische Soap im Fernsehen, die Bardamen sind davon schwer angetan. Du gewinnst zwei Partien, er eine. Dazwischen fällt Dir auf, dass der Typ heute echt gut aussieht.

Du behältst das für Dich, sagst es ihm nicht, wie Du es sonst Deinen Freunden sagen würdest. Er fragt, ob ihr noch was Essen gehen wollt, Du zeigst ihm eine der besten und preiswertesten Tapas-Bars der Stadt, ein Geheimtipp, den er gesucht und nicht gefunden hat.

Da sitzt ihr also glücklich grinsend über den all zu typischen, aber eben verflucht besten Tapas, die es gibt: Jamón, Queso und Patatas Bravas. Lacht viel. Redet über die Welt. Und dann tatsächlich über Gott.

Und plötzlich fühlt es sich an wie ein Date… das Du gerade so richtig verbockst.

Du sagst Sachen, die Dir im Nachhinein lächerlich klingen. Weil ihr auf so verschiedenen Wellen schwimmt – er nennt es Gott, Du nennst es Schöpferkraft, er glaubt an Himmel und Hölle, Du daran, dass sich beide auf Erden abspielen – und doch irgendwie auf derselben surft.

Zu befremdlich. Und genau so neigt sich der Abend dem Ende zu, weil die Bar schließt.

Auf dem Heimweg macht es Dir plötzlich was aus: was er denken könnte. Über Dich. Deine Ansichten. Meinungen. Mit einer Nase immer ein bisschen zu groß und Haaren immer ein bisschen zu wild.

Der Junge, der eigentlich nicht Dein Typ ist und der es trotzdem schafft, dass Du, während Du allein nach Hause schlenderst, weil Du ihm den weiten Weg zu Deiner neuen Bleibe wirklich nicht antun wolltest, denkst:


Heute sah er richtig gut aus.